Die Antwort scheint offensichtlich: Es ist der Zustand eines nicht richtig funktionierenden Körpers. Oder?
Nicht so schnell!
Was eine Behinderung ist, lässt sich aus vielen Perspektiven betrachten. Theoretische Modelle von Behinderung ermöglichen es uns, eine Vogelperspektive einzunehmen und Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie Behinderung aus verschiedenen Blickwinkeln wahrgenommen wird – unter anderem von betroffenen Menschen selbst. Jede Definition hat ihre Stärken und Schwächen. Keine Definition ist 100%ig umfassend und daher weder völlig richtig noch völlig falsch.
Erfahren Sie hier mehr über die wichtigsten Merkmale der bekanntesten Modelle:
Nach der Definition der University of Leicester UK «sieht das medizinische Modell Behinderung als ein ‹Problem› an, das ausschliesslich die Person mit Behinderung betrifft. Sie wird nicht als eine Angelegenheit betrachtet, die andere als die betroffene Person betrifft. Wenn zum Beispiel ein Student im Rollstuhl wegen einiger Stufen nicht in ein Gebäude gelangen kann, würde das medizinische Modell annehmen, dass dies am Rollstuhl und nicht an den Stufen liegt.»
Dieses umstrittene Modell akzeptiert ausdrücklich den biologischen Zustand, ignoriert aber weitergehende gesellschaftspolitische Rahmenbedingungen. Es kann eine Person als «anders» oder «weniger wert» etikettieren oder stigmatisieren, was eine erhebliche psychologische Auswirkung hat.
Als direkte Antwort auf das medizinische Modell weist das soziale Modell darauf hin, dass die Gesellschaft Behinderungen schafft und dass «Behinderung» ein vermeidbarer Zustand ist, der durch eine bestimmte Haltung oder fehlerhaftes Design verursacht wird. Diese Webseite bringt es auf den Punkt: «Menschen werden durch Barrieren in der Gesellschaft behindert, nicht durch ihre Beeinträchtigung oder Andersartigkeit. Barrieren können physischer Natur sein, wie nicht zugängliche Toiletten in Gebäuden, oder durch das Verhalten der Menschen verursacht werden, z. B. durch die Annahme, dass Menschen mit Behinderung bestimmte Dinge nicht tun können.»
Im obigen Beispiel ist der behindernde Faktor des Rollstuhlfahrers nicht das Vorhandensein einer Behinderung, sondern das Fehlen eines barrierefreien Zugangs. Das soziale Modell leugnet nicht die biologische Komponente sondern betont vielmehr das Menschenrecht von Menschen mit Behinderungen auf sinnvolle Weise an der Gesellschaft teilzunehmen.
Seit Mitte der 1980er-Jahre ist dieses Modell das Arbeitsmodell für Spezialisten der Barrierefreiheit.
Es ist bemerkenswert, dass bei der «Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit, Behinderung und Gesundheit» der Weltgesundheitsorganisation sowohl ein medizinischer als auch ein sozialer Ansatz gewählt wurde, der als biopsychosoziales Modell bekannt ist.
Das wirtschaftliche Modell betrachtet die finanziellen Auswirkungen, die eine Behinderung hat. Dazu gehören:
Das Modell der funktionalen Lösungen ermittelt funktionale Beeinträchtigungen, die eine Folge der Behinderung sind, und sucht dann nach Lösungen, um diese Beeinträchtigungen durch technologische oder methodische Fortschritte zu beheben. Es konzentriert sich auf Innovationen zur Überwindung der behinderungsbedingten Einschränkungen.
Während sich das Modell der funktionalen Lösungen auf das Ziel konzentriert, Menschen mit Behinderung bei der Suche nach realen Lösungen mit einer «Get-Things-Done»-Einstellung zu unterstützen, sind diese Lösungen möglicherweise für umfassendere Probleme weniger geeignet. Eventuell werden Chancen verpasst, grössere soziale oder umgebungsbedingte Hindernisse zu überwinden.
Menschen mit Behinderung können ein starkes Gefühl der persönlichen Identität und Verbundenheit mit anderen entwickeln, die ähnliche Lebenserfahrungen gemacht haben. Da die grosse Mehrheit der Hörenden keine Gebärdensprache spricht, ist dieses Modell der sozialen Identität oder kulturellen Zugehörigkeit in der Gehörlosengemeinschaft sehr verbreitet. Es hilft zwar bei der Selbstakzeptanz und der Stärkung der Selbstbestimmung, ist aber nicht immer eine nützliche Grundlage für fachliche Definitionen.
Menschen, die durch die Linse des Wohltätigkeits- oder Tragödienmodells schauen, betrachten Behinderungen als unglückliche oder tragische Zustände, die eine besondere Behandlung verdienen. Menschen ohne Behinderung haben Mitleid, während Menschen mit Behinderung diesen Ansatz als beleidigend empfinden, selbst wenn das Endergebnis vielleicht etwas bringt, das hilft.
Das Wohltätigkeitsmodell kann Anteilnahme erzeugen und zu echter Hilfe anregen. Allerdings begünstigt es ungleiche soziale und politische Beziehungen, bei denen die Haltung und die Annahmen, die Menschen ohne Behinderungen treffen, das Verletzende sind.
Die Kenntnis dieser Modelle hilft uns, die Sichtweise der Menschen zu erkennen und möglicherweise für andere Lösungen zu argumentieren, die umfassendere Aspekte dessen berücksichtigen, was Behinderung ist. Bei Adnovum werden User Experience und Accessibility von der Konzeption bis zur Implementierung in jedem Projekt integriert, um sicherzustellen, dass unsere Lösungen und damit auch Ihre Dienstleistungen oder Produkte barrierefrei zugänglich sind.
Die Vorteile von barrierefreien Webseiten oder Anwendungen sind zahlreich, sie: